Landwirtschaftsbetrieb Dittmann – Im Norden ein Exot

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Mit den Puten steht Familie Dittmann in ihrer Region im Landkreis Stade kurz vor Hamburg fast allein auf weiter Flur. Damit ist der Keim druck von außen gering. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum die Putenmast dort so gut läuft.

Ralf und Heike Dittmann gehören in Fredenbeck im niedersächsischen Landkreis Stade mit ihrer Putenmast zu den Exoten unter den hiesigen Landwirten. „Außer uns gibt es hier im Umkreis nur noch einen Putenelternbetrieb vom Unternehmen Heidemark“, berichtet Sohn Nils Dittmann, 27, der vor drei Jahren seine Ausbildung als Landwirtschaftsmeister abgeschlossen hat und seitdem im Betrieb mitarbeitet. Seit 2001 werden hier Puten gemästet, seit vier Jahren nur männliche Tiere. Dafür hat man das Milchvieh und die Bullenmast abgeschafft, um sich ganz auf Ackerbau und die Puten zu konzentrieren. 2001 wurde der erste Stall gebaut, 2014 ein zweiter, in jedem Stall werden 4 600 Puten gemästet. Die Ställe sind aus Stahl und mit aufgeschäumten Wänden statt Sandwichplatten gebaut. So entstehen keine Kältebrücken und Lücken für Keime. Geheizt werden die Offenställe mit Biogaswärme. Gelüftet wird per Schwerkraftlüftung, eine Sprühkühlung hilft gegen Hitzestress im Sommer. Überdies wurden beide Ställe von Leuchtstofflampen auf flackerfreie LED umgerüstet, das spare 12 000 bis 13 000 kWh im Jahr. Der Betrieb liegt beim staatlichen Antibiotikamonitoring immer im ersten Quartil, also im Bereich des geringsten Antibiotikaeinsatzes, mit den Fußballen gibt es kaum Probleme und die Verluste sind gering, die Mastleistungen hoch. Befragt man Tierarzt Julian Marks von der Fa. Heidemark und Fütterungsberater Paul Wilken, Fa. Best 3 Geflügelernährung, warum die Putenhaltung gut läuft, werden mehrere Gründe aufgezählt:

  • Der Standort mit geringem Keimdruck.
  • Ralf Dittmann ist nah dran am Tier.
  • Gefüttert wird nah am Bedarf der Tiere mit qualitativ hochwertigem Futter.
  • Das ausgefeilte Wasserhygiene- und das Einstreumanagement.

Dittmanns bekommen die Puten mit vier Wochen und bewirtschaften die Putenställe im 19-Wochen-Rhythmus. Aufgezogen werden die Küken über das Unternehmen Heidemark. Die Hähne kommen mit vier, fünf Wochen in ordentlich vorgeheizte Ställe nach Fredenbeck. Stallluft wie Bodenplatte haben dann 24 Grad. Zu Beginn werden die Futterschalen so hochgehängt, dass keine Pute in die Schalen klettern und so anderen Puten Trogplatz wegnehmen kann.

Engmaschige Tierkontrollen

Ralf Dittmann ist drei- bis viermal am Tag im Stall. Die Zusammenarbeit mit Tierarzt Julian Marks laufe super, bestätigt Ralf Dittmann. „Er gibt klare Anweisungen ohne Schmus“, sagt er zufrieden. Marks bescheinigt den Dittmannschen Puten wenig Probleme mit Pododermatitis oder Brusthautveränderungen. Routinemäßig ist der Tierarzt alle zwei bis drei Wochen und nur auf Anfrage öfters beim Halter, generell „so wenig wie möglich“, wie er selbst sagt, um nicht unnötig Fremdkeime einzuschleppen. Geimpft wird ein stallspezifischer Impfstoff gegen Staphylokokken und die Atemwegserkrankung ORT (Ornithobacterium-rhinotracheale-Infektion) als Nadelimpfung, eine Sprühimpfung gegen TRT (Turkey Rhinotracheitis) und die obligatorische Impfung gegen Newcastle Disease (Sprayimpfung, dreimal pro Durchgang).

Ausgefeilte Fütterung

Das Futter wird von der Fa. Best 3 bezogen. Dittmanns haben sich eine Futterverwiegung in den Stall gebaut. So können sie sowohl Alleinfutter füttern und das Phasenfutter verschneiden oder eigenen Weizen mit Ergänzer füttern. Aktuell wird Alleinfutter gefüttert, wobei das Futter in den Phasen P4 bis P6 verschnitten wird, um die Übergänge sanfter zu gestalten. Das Einmischen von Weizen hilft, um Durchfallproblemen in der Anfangsmast vorzubeugen, sollte es Anzei­chen dafür geben. Zu Beginn bekommen die Puten das P23­-Futter, das sie aus der Auf­zucht kennen, in derselben Pelletgröße wie in der Aufzucht. Paul Westermann von der Fa. Best 3 erklärt, warum sechs Phasen in der Putenfütterung nicht ausreichen. Seitdem Dittmanns mit Best­3­Futter füttern, haben sie festge­stellt, dass gerade in der Endmast die Hähne ruhiger sind und der Kot deutlich fester. Sollte doch einmal schädigendes Pickverhal­ten unter den Hähnen auftreten, empfiehlt der Tierarzt zusätzliches Beschäftigungs­material, Kochsalzgaben und schnelles Aussor­tieren der Picker. Auch bei Heidemark habe man Versuche mit schnabelunbehandelten Puten gemacht, berichtet der Veterinär, aber mit hohen Verlusten. „Wir können aktuell nicht darauf verzichten“, so sein Resümee. Es werde aber weiter daran gearbeitet, Lö­sungen für das Problem zu finden.

Gritzufütterung hilft, das Stroh besser zu verdauen, das die Hähne über die Einstreu aufnehmen. Jeweils eine Handvoll der 2 bis 3 mm großen Magenkiesel wird in den ers­ten drei bis vier Wochen nach der Einstal­lung (vierte bis achte Lebenswoche) per Hand in die Futterschalen gegeben.

Keine Chance für Keime

Das Wasser in den Rundtränken darf niemals abgestanden sein, kommt als wichtiger Hin­weis von Ralf Dittmann – auch nicht zur Einstallung. Klar und sauber steht es in den Schalen. Dafür sorgen die regelmäßige Chlorbehandlung und ein Säurezusatz (dazu mehr auf Seite 15). „Wasserleitungen sind ein perfekter Brutkasten für Keime. Oft ist nicht das Futter, sondern mangelnde Was­serqualität schuld an Darmkrankheiten beim Geflügel“, betont der Tierarzt. Als Einstreu wird 2 bis 4 cm kleingehäck­seltes Stroh genommen, das aus hygieni­schen Gründen komplett zugekauft wird, da man selbst keine Lagermöglichkeiten für Stroh hat. Vorzugsweise wird mit Gersten­stroh eingestreut, es ist weicher, um Fußbal­lenproblemen vorzubeugen. In der Aufzucht stehen die Puten auf Hobelspänen. Alle zwei bis drei Tage wird neu eingestreut mit einem umgebauten Ladewagen. „Zwischen Fuß und Matte muss immer saubere Einstreu sein“, so der Anspruch der Putenhalter.

Tierschonendes Verladen

Ralf und Nils Dittmann nehmen ihre Verant­wortung für ihre Puten bis hin zum Verladen der Tiere zum Schlachthof sehr ernst. Ihre Verladefirma arbeitet mit einem Transport­band. „Das gefällt uns sehr gut. Die Tiere müssen kaum angefasst werden und es gibt weniger Verletzungen. Die Verladung dauert nur halb so lang mit der Hälfte der Mitarbei­ter im Vergleich zu vorher“, berichten die Landwirte. Die Verladezeit eines Lkws für 960 Tiere beträgt dank des Verladebands nur noch 30 bis 40 Minuten, früher habe man bis zu zwei Stunden für einen Lkw gebraucht. Wichtig ist den Landwirten die Schulung zur Sachkunde beim Verladen und Transport. „Es sind unsere Tiere, wir tragen dafür die Ver­antwortung und reden auch mal ein Macht­wort mit dem Verladetrupp, wenn wir Tier­schutzverstöße sehen, was aber zum Glück selten vorkommt“, erklärt Nils Dittmann.

Serviceperiode gut nutzen

Die Serviceperiode dauert rund zehn Tage. Dittmanns misten selbst aus, 230 t Mist ho­len sie aus den zwei Ställen. Der Putenmist geht in eine Biogasanlage des Nachbar­betriebes. Dittmanns bekommen die flüssi­gen Gärreste zur Düngung zurück und hei­zen ihren Stall obendrein mit der Biogasab­wärme.

Das Reinigen, Desinfizieren und Ausga­sen überlassen sie einer Profifirma, die für beide Ställe rund zwei Tage benötigt. Min­destens ein Tag bleibt für Wartungsarbeiten, einer für das Einstreuen und ein bis zwei Tage werden die Ställe vorgeheizt. „Die Tage der Serviceperiode sollte man unbedingt nutzen, um die Ställe auf Vordermann zu bringen. Wird hier an Zeit und Arbeitsauf­wand gespart, rächt sich das im nächsten Durchgang“, ist sich Nils Dittmann sicher.

Arbeitsteilung für die Harmonie

Einen Aspekt betonen Ralf und Nils Dittmann besonders: die super funktionierende Arbeits­teilung. „Ich mach den Acker, Vater den Stall“, erklärt Nils Dittmann kurz die Verantwor­tungsbereiche, auch wenn sich Vater und Sohn gegenseitig helfen. Für Nils Dittmann ist das die Basis für einen gut funktionierenden Familienbetrieb, der den Vertrauensbeweis seines Vaters, ihn früh mit in die betriebliche Verantwortung genommen zu haben, schätzt. Die innerbetriebliche Harmonie ist der Land­wirtsfamilie in einer Zeit, in der ihr Berufsstand gefühlt von allen Seiten Gegenwind be­kommt, wichtig. Plötzlich berichten alle am Tisch im Haus Dittmann begeistert über die Demos der Landwirte und von dem dort spür­baren großen Zusammenhalt zwischen den Berufskollegen sowie über die vielen positi­ven Reaktionen aus der Bevölkerung.

Nils Dittmann, der die Abwechslung sei­nes Berufes über alles schätzt – „kein Job, der jeden Tag gleich ist“ –, ist überdies begeis­terter Handballer.

SUSANNE GNAUK
Redaktion DGS, Berlin

Quelle: DGS MAGAZIN – 10/2020

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